movements I
Auf einer mobilen Plattform mit zugedeckten Augen durch ein Areal gestossen werden. Den Soundscape hören, dazu an ausgewählten Orten Musik. Dann Rollenwechsel: selbst eine andere Person stossen.
Idee: Beat Gysin Veranstalter: studio-klangraum und Collegium Novum Zürich Kompositionen: Teresa Carasco, Beat Gysin Instrumente: Klarinette, Posaune, Perkussion, Violine/Viola, Violoncello, Elektronik Das Publikum sitzt auf mobilen Plattformen und wird mit geschlossenen Augen durch ein Areal gefahren. So hört es umso intensiver all die Geräusche, die Ausdruck des täglichen Lebens vor Ort sind. Für die Gestaltung einer abwechslungsreichen Hör-Fahrt durch diesen «natürlichen Soundscape» wird die Expertise von Yvonn Scherrer beigezogen. Sie ist sehbeeinträchtigt und hat eine Gabe entwickelt, Räume auditiv differenzierter wahrzunehmen und zu beschreiben. Sie wählt Orte für die Hör-Fahrt aus, wo das Klanggeschehen besonders interessant ist. In movements I geht es jedoch nicht nur um ein «urban listening». Zum natürlichen Soundscape klingt manchmal auch Musik, von Teresa Carrasco und Beat Gysin eigens für das Projekt komponiert. Einmal ist ihre Musik durch die vielseitigen Geräusche-vor-Ort inspiriert, hebt sich vielleicht kaum davon ab. Ein anderes Mal aber entführt sie weiter weg vom Alltagsklingen. Die Musik ist eine (poetische) Ergänzung zu den alltäglichen Geräuschen vor Ort. Sie erweitert das Alltagshören um kleine «Träumereien». Was wird absichtlich von MusikerInnen gespielt, was klingt als zufälliges Resultat alltäglichen Arbeitens und Lebens? Wann also sollen die «blinden Gäste» «konkret» hören wie im Alltag, wann musikalisch? Sie wissen es manchmal nicht, müssen es erlauschen. Das macht einen besonderen Charme dieses Projekts aus. Alles Hören ist poetisch geworden. Ohne zu sehen, ist das Ohr zum Hauptorgan für die räumliche Orientierung geworden. Man hört raumbezogener als sonst. Und folglich ist in diesem Setting auch die Zeitwahrnehmung verändert. Und wenn Raum- und Zeitwahrnehmung verändert sind, wird Musik anders gehört. Was bedeutet das fürs Komponieren? Das Erlebnis ist auf jeder Plattform anders. Denn jede Plattform wird individuell von einem/r Chauffeur/se gestossen, eine Art «HörbegleiterIn». Zwar ist eine Plattform ein kleiner «safe Place». Dennoch verlangt es Vertrauen, sich «blind» herumstossen zu lassen. Umgekehrt verlangt es Empathie und sogar eine gewisse künstlerische Verantwortung, eine Plattform sorgsam und zur Musik passend zu stossen. Es werden Zweierteams gebildet. Die Kommunikation in diesen kleinen «Mikrosphären» ist wichtig für das Gesamterleben: Chaufeure/sen machen leise auf Details-auf-der-Fahrt aufmerksam wie zum Beispiel kleine Hindernisse; HörerInnen teilen mit, wenn sie etwas brauchen. Und die Rollen werden in der Hälfte des Konzerts gewechselt: HörerInnen werden zu Chaufeure/sen und umgekehrt. Somit hören alle Gäste einmal passiv und einmal empathisch-aktiv. Auch in der aktiven Rolle ist das Hörerleben ein besonderes. Denn die HörbegleiterInnen stellen sich vor, was ihr Schützling auf der Plattform wohl erlebt. In einem vielseitigen Rahmenprogramm werden Konzerteinführungen, Workshops und KünstlerInnengespräche angeboten, um einen vertieften Zugang zum Projekt zu ermöglichen. In Podiumsgesprächen kann das durch das Projekt sensibilisierte Publikum mehr über «andere Zugänge zur Welt» erfahren. Es sind aber auch Gespräche über den Themenkreis Vertrauen – Verantwortung vorgesehen.