Dusan Ristic ist 16 Jahre alt und besucht die 3. Realschule in Bad Ragaz. Er hat soeben eine Zusage von der Wilpag AG in Mels erhalten: Er darf in der Baumaschinenfirma eine Lehre als Polymechaniker absolvieren. «Ich freue mich riesig», erzählt Dusan am Telefon. Die Lehrstellensuche sei nicht einfach gewesen.
Wegen Corona mussten die Berufswahlevents im Sarganserland und Werdenberg abgesagt werden. Auch überregionale Messen wie die Ostschweizer Bildungs-Ausstellung OBA fanden nicht statt. Zudem gibt es viele Lehrbetriebe, die derzeit keine Schnupperlehren anbieten können. Als Gründe werden Corona-bedingte Schliessungen, die Home-Office-Pflicht oder aufwändige Schutzkonzepte genannt. «In einem Fall hatte ich eine Zusage für eine Schnupperlehre in einem Betrieb. Diese wurde dann aber wieder zurückgenommen. Wegen Corona musste der Betrieb Arbeitsstellen streichen, darunter die Lehrstelle», erklärt Dusan, «Zum Glück hatte ich genug früh mit der Lehrstellensuche begonnen!»
Bereits im Jahr 2018 und 2019 besuchte Dusan die Fitna-Techniktage der Region Sarganserland-Werdenberg. Dort kam der 16-Jährige zum ersten Mal in Berührung mit der Wilpag AG. An insgesamt drei Tagen besuchte er Workshops in verschiedenen Firmen im Sarganserland, Werdenberg und Liechtenstein. «Dank der Fitna habe ich einen sehr guten, praxisbezogenen Einblick in technische und naturwissenschaftliche Berufe erhalten.»
Bis Dusan sich schlussendlich für den Beruf des Polymechanikers entschieden hat, vergingen zwei weitere Jahre. «Während Corona habe ich mir vor allem Videos von Berufen und Firmen angesehen, die mich interessierten», erzählt der Jugendliche, «auch die Berufsberatung hat mir sehr weitergeholfen!» Im Januar durfte er unter Einhaltung eines Schutzkonzepts eine Schnupperlehre bei der Wilpag AG absolvieren. «Seither ist klar: Ich will Polymechaniker werden!», lacht Dusan. Ihm gefällt die Vielseitigkeit des Berufs, immer in Bewegung zu sein und das Resultat seiner Arbeit als Produkt in den Händen halten zu dürfen. «Ich kann es kaum erwarten, endlich mit der Lehre zu beginnen!»
Die Organisatoren des Sarganserländer Berufswahlevents überlegten sich eine Alternative für die abgesagte Veranstaltung. Sie haben auf ihrer Internetseite Videos von Lehrbetrieben aus dem Werdenberg und Sarganserland aufgeschaltet. In den Kurzfilmen stellen die Ausbildner die Firma vor, Lehrlinge erzählen von ihrer Arbeit. «Es ist zwar ein schwacher Ersatz für den Berufswahlevent. Aber so erhalten die Schüler immerhin einen kleinen Einblick in die Firma und deren Werte», sagt Michael Dürst, Stellenleiter der Berufs- und Laufbahnberatung Sarganserland und OK-Mitglied. Die Rückmeldungen auf die Videos seien sehr gut. Rund 6`000 Mal seien sie insgesamt angesehen worden. «Trozdem freut es mich, wenn wir wieder einen ordentlichen Berufswahlevent durchführen können», gesteht Dürst.
Konkret geplant ist der nächste Sarganserländer Berufswahlevent am Freitag, 19. November, und Samstag, 20. November, in der Flumserei. «Wir planen den Event im gewohnten Rahmen durchzuführen, also mit rund 50 Firmen. Wir behalten uns aber einen Plan B vor mit weniger Ausstellern beziehungsweise mehr Raum», erklärt Michael Dürst. An dem Berufswahlevent stellen Lehrmeister und Lehrlinge ihren Betrieb vor und zeigen Maschinen sowie Produkte. Auf einer Bühne gibt es Inputs von der Berufsberatung. Lehrlinge erzählen von ihrer Erfahrung und geben Tipps bei der Lehrstellensuche. Wie in den vergangenen Jahren ist der Freitag für die Schulklassen reserviert. Am Samstag ist der Berufswahlevent für alle interessierten Jugendlichen und deren Eltern zugänglich.
Auch die Organisatoren des abgesagten Werdenberger Berufswahlevents «Lehre statt Leere» haben sich eine Alternative ausgedacht. Der Arbeitgeberverband Sarganserland-Werdenberg bietet interessierten Firmen die Möglichkeit, sich virtuell zu präsentieren. Am Montag, 15. und 22. Februar gibt es eine Online-Konferenz mit den Schülerinnen und Schülern der zweiten Oberstufen in der Region Werdenberg. «Wir wollen so ermöglichen, dass die Schüler und Firmen trotz dieser Situation miteinander in Kontakt treten können!», erklärt Christian Eggenberger, Sekretär des Arbeitgeberverbands Sarganserland-Werdenberg. Über 30 Betriebe aus dem Werdenberg und Fürstentum Liechtenstein nehmen teil. Jeder Betrieb darf sich während 20 Minuten den Schülern präsentieren, anschliessend gibt es eine Fragerunde. «Wer weiss, vielleicht sind Online-Konferenzen und Videos auch in Zukunft als Ergänzung zu den Berufswahlevents gefragt», gibt Christian Eggenberger zu bedenken.
Der Arbeitgeberverband Sarganserland-Werdenberg lässt den Firmen bei der Online-Konferenz freien Spielraum – egal ob Powerpoint-Präsentation, Live-Schaltung in die Werkstätte oder ein interessantes Interview mit Lernenden: Hauptsache, die Schülerinnen und Schüler erhalten einen interessanten Einblick in die verschiedenen Berufsfelder.
Eine der Firmen, die sich an der Online-Konferenz präsentiert, ist Merck in Buchs. Um das Programm kümmert sich der Leiter Ausbildung Abdurahman Abduli. Er persönlich findet es sehr wichtig, dass den Schülern in dieser ausserordentlichen Zeit Alternativen geboten werden: «Die Jugendlichen leiden unter der aktuellen Situation. Wir müssen sie dringend unterstützen.» Umgekehrt seien auch die Betriebe darauf angewiesen, neue Fachkräfte auszubilden, betont Abdurahman Abduli: «Die Online-Konferenz ist darum die Chance, sich innerhalb kürzester Zeit einer Vielzahl von potenziellen Lernenden zu präsentieren. Bei einer Berufsausstellung hast du nie die volle Aufmerksamkeit von allen!» Auch der Berufswahlevent «Lehre statt Leere» soll Ende Jahr wieder im gewohnten Rahmen in Räfis stattfinden. Das genaue Datum steht noch nicht fest.
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