Ein Wohnblock, Häuser mit Scheunen, Garagen - und mittendrin das alte Rathaus und das baufällige Restaurant Löwen. Das Zentrum von Mels erinnerte eher an einen Hinterhof als einen Dorfkern. Die Gemeinde hat sich darum vor rund 10 Jahren entschieden, dass ein neues Dorfzentrum gebaut werden soll. Die Vision des Gemeindepräsidenten Guido Fischer war es, Mels von innen heraus Schritt für Schritt zu stärken: «Die Stube von Mels sollte für die Bewohner von Mels und die Besucher wieder attraktiv und lebenswert werden.» Der Wunsch nach einem Ort für Begegnungen, Kultur und gesellschaftlichen Austausch war gross. Gleichzeitig sollte ein Bau entstehen, der dem stark ausgeprägten Vereinsleben gerecht wird. Sowohl die Musikgesellschaft Konkordia als auch der Turnverein Mels verbuchen an Wettbewerben regelmässig Topergebnisse.
Anstatt eines Flickwerks von Massnahmen entschied sich die Gemeinde für eine Gesamtlösung: Die alten Gebäude wurden abgerissen und ein neues Rathaus mit grossem Vorplatz gebaut. Herzstück ist ein neues Kultur- und Kongresshaus, das den Namen des Melser Gesteins Verrucano trägt. Es handelt sich um einen imposanten Bau aus zertifiziertem Schweizer Holz, rötlichem Verrucano-Stein und Messing. «Das Holz und die warmen Farben strahlen trotz moderner Architektur Heimeligkeit aus. Dank der beständigen Materialien ist ein zeitloses Gebäude für die nächsten Generationen entstanden», so Fischer. Den Bau konzipiert haben die Raumfindung Architekten aus Rapperswil. Rund drei Viertel der Arbeiten verrichteten Firmen aus der Region Sarganserland-Werdenberg.
Das Verrucano hat vier verschieden grosse Säle und zwei Künstlergarderoben. Herzstück ist der Löwensaal, der als Konzert- oder Theaterbühne, aber auch für Firmenjubiläen oder lokale Messen genutzt werden kann. Auf dem Programm stehen gemäss Planung ein Auftritt des Komikers Kaya Yanar, das Neujahrskonzert des Sinfonie-Orchesters St. Gallen und die Nacht der Musicals. Der fast quadratische Saal «Ragnatsch» ist der fixe Proberaum der Musikgesellschaft Konkordia Mels. Der «Runggalina»-Saal eignet sich dank fixer Leinwand und Beamer für kleinere Seminare, Vorträge und Bankette. Der Saal kann aber auch in Ergänzung zum grossen Löwensaal als Backstageraum oder als Vorbereitungsraum für ein Galabankett genutzt werden. Der kleinste Saal mit Namen Gafarra hat einen herrlichen Ausblick auf das Dorfzentrum und eignet sich daher besonders gut für Tanz- und Chorproben oder Yoga- und Pilates-Stunden. Ausserdem ist der Saal ein offizielles Trauungslokal.
Der trapezförmige Konzertsaal bietet aufgrund der Geometrie, der Raumproportionen und der Materialisierung eine einzigartige Raumakustik. Die Rückwand wurden mit speziell entwickelten Holzbändern für eine gute Schallverteilung ausgestattet. Die Flächen steigern den Schallpegel im hinteren Bereich des Saals, ohne störende Echos zu generieren. Sogenannte Diffusoren, zusammengesetzt aus Holzelementen mit verschiedenen Tiefen, verbreiten den Klang gleichförmig. Die Seitenwände sind zusätzlich mit drehbaren, akustisch unterschiedlich wirksamen Wandfronten ausgeführt. In der geschlossenen Stellung sind sie schallreflektierend, gedreht schallabsorbierend. In allen Sälen gibt es akustische Fenster, spezielle Vorhänge und Akustikdecken mit Löchern. «Schweizweit gibt es nirgends eine Bühne, die akustisch so ausstaffiert ist wie das Verrucano», sagt die Geschäftsleiterin Eva Maron. Die Säle könnten nicht nur multifunktional, sondern aufgrund der guten Lärmdämmung auch parallel genutzt werden. Neben der Akustik sorge auch die individuell steuerbare Beleuchtung bei jedem Anlass für ein angenehmes Raumgefühl.
Die Verrucano-Geschäftsleiterin Eva Maron wurde per Zufall auf das geplante Kultur- und Kongresshaus Verrucano aufmerksam. Die Schweizer Schauspielerin, unter anderem bekannt aus den deutschen Action-Serien «Die Wache» oder «Alarm für Cobra 11», fand ursprünglich wegen des Projekts «Uptown Mels» den Weg von der Grossstadt ins Sarganserland. Es handelt sich um den Umbau der ehemaligen Spinnerei am Berghang von Mels in eine exklusive Wohnüberbauung mit gläsernem Schräglift ins Dorf. Eva Maron schwärmt von der unkonventionellen Wohnfläche: «Es ist sehr inspirierend in solch einem geschichtsträchtigen Quartier zu wohnen. Auch der Umnutzungsgedanke gefällt mir sehr.»
Mels liegt mit dem Autobahnanschluss Richtung Chur, St. Gallen und Zürich strategisch gut für Eva Maron. Noch wichtiger ist der Schauspielerin aber das vielfältige Kulturangebot im Dorf. Schnell knüpfte die gebürtige St. Gallerin zum alten Kino Mels, über das sie schlussendlich auch auf das geplante Verrucano beziehungsweise die freie Stelle als Geschäftsleiterin aufmerksam wurde. «Genau so eine Anstellung hatte ich gesucht! Ich begann mich mit dem Projekt auseinanderzusetzen und war auf Anhieb Feuer und Flamme.» Eva Maron erkannte sofort das Potenzial des Kultur- und Kongresshauses und brachte Ideen ein, wie die Kulturstätte neben den Vereinsanlässen auch Geld mit kommerziellen Veranstaltungen und Gastronomie machen kann: «Kultur kostet, das müssen wir uns bewusst werden!», betont Eva Maron. Das Bauwerk habe eine immense Strahlkraft und könne kulturelle Impulse weit über das Sarganserland hinaus senden. Der Melser Gemeindepräsident nickt zustimmend: «Eva ist mit ihrem Herzblut, ihrem Schauspiel-Hintergrund und ihrem unternehmerischen Denken die perfekte Besetzung der Stelle.»
Die Corona-Pandemie verhinderte eine grosse Eröffnungsfeier des Verrucano. Im kleinsten Kreis wurden die Räumlichkeiten eingesegnet. An den «Melser Gwundertagen» vom 21. bis 31. Oktober hatten die Einwohner die Möglichkeit mit einem speziellen Schutzkonzept ihre neue Kulturstätte kennenzulernen. «Klar hätten wir lieber mit Pauken und Trompeten diesen einzigartigen Bau eröffnet, aber so können wir wenigsten unsere Türen öffnen», erklärt Eva Maron. Auch die ersten Konzerte, Hochzeiten und Meetings haben bereits im Verrucano stattgefunden. Eva Maron erarbeitet jeweils persönlich ein passendes Corona-Schutzkonzept: «Dank der verschieden grossen Säle und ihrer Trennung durch Gänge und separaten Eingängen können Schutzkonzepte optimal umgesetzt werden und es muss auch in diesen ausserordentlichen Zeiten nicht auf Kultur verzichtet werden.»
Der Melser Gemeindepräsident Guido Fischer ist sehr zufrieden mit der Entwicklung des neuen Dorfkerns. «Der Betrieb im Verrucano ist angelaufen und der Rathausplatz zieht immer mehr Menschen an». An den lauen Sommerabenden seien die Tische des Restaurants Traube jeweils voll besetzt gewesen. «Das erinnerte mich an Ferien in Italien», lächelt Guido Fischer. Die Erneuerung des Melser Dorfkerns sei aber noch lange nicht abgeschlossen. Neben dem Restaurant Traube soll bald auch das Verrucano ein öffentliches Bistro eröffnen. Auch unter dem Rathausplatz tut sich was: Die Weinbaugenossenschaft Mels hat ihre Produktion in den Rathauskeller verlegt. Neben der neuen Produktionsstätte sollen auch Verkaufslokale für Wein und andere Melser Produkte sowie ein weiteres Bistro entstehen. Gleichzeitig soll die Begegnungszone im Dorfzentrum erweitertet werden. Auf dem inneren Strassenring soll Tempo 30 und Vortritt für die Fussgänger eingeführt werden. «Wenn die Bewohner den neuen Dorfkern als ihre neue Stube sehen und Verrucano als neuer Leuchtturm in der Region Sarganserland-Werdenberg wahrgenommen wird, dann ist mein Ziel erfüllt.»
Für aktuelle Informationen bitte die Internetseite von Verrucano Mels aufrufen.